Anpassung des GüKG und der entsprechenden Verordnungen an das Gemeinschaftsrecht

Seit Anfang Januar liegen die Referentenentwürfe des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zur Änderung des GüKG und der Verkehrsunternehmensdatei-Durchführungsverordnung vor.

1. 
Nach § 1 E ist Güterkraftverkehr die Beförderung von Gütern auf der Straße mit Kraftfahrzeugen einschließlich der damit verbundenen Leerfahrten.

a) Die Streichung der Gewichtsgrenzen in der Definition selbst, deren Aufnahme in den Ausnahmekatalog des § 2 für „freigestellte Beförderungen“ und die Aufgliederung in Gewerblichen Güterverkehr durch Inländer (§ 3 E), Gewerblichen Güterkraftverkehr durch Gebietsfremde (§ 5 E) und Gewerblichen Güterkraftverkehr durch Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich (§ 6 E) vereinfachen den Überblick über die gesetzlichen Vorschriften.

b) Zu unbestimmt und daher eher zu neuen Problemen als zu Lösungen führend erscheint der Vorschlag, dass ohne Differenzierung durch das Gesetz alle mit Beförderungen im Güterkraftverkehr „verbundenen“ Leerfahrten selbst auch als erlaubnispflichtig eingestuft werden sollen. Dazu fehlt es nicht nur im Gesetzentwurf, sondern auch in seiner Begründung an Kriterien dafür, wann eine Leerfahrt mit einer Beförderung verbunden ist.
 

2. 
Der Endbürokratisierung dient es, dass die nationale Erlaubnis nach § 3 aF mit einer Auslauffrist entfällt und dass es in Zukunft nur noch die Gemeinschaftslizenz geben soll, was zu begrüßen ist.

3. 
In § 5 Abs. 2 E ist erstmals eine gesetzliche Definition des Begriffs „Kabotagebeförderung“ enthalten. Danach soll dann eine Kabotagebeförderung vorliegen, wenn Güter unabhängig von der Anzahl der Be- und Endladeorte im Inland auftragsgemäß für einen einzigen Absender an einen einzigen Empfänger befördert werden.

Eine solche Definition ist zwar grundsätzlich wünschenswert, da ihr Fehlen nicht selten zu Irritationen in der Rechtsprechung, insbesondere der Verwaltungsgerichte geführt hat. Dennoch erscheint dieser Vorschlag als zu eng und nach zwischenzeitlicher Beschränkung durch die neue Regelung in Art. 8.2a WO (EG) Nr. 1072/2009, der maßgeblichen EU-Vorschrift, wonach die Kabotageunternehmer innerhalb von vier Tagen nach Ende ihrer Kabotagebeförderung keine weitere solche Beförderung mit demselben Fahrzeug im selben Mitgliedsstaat durchführen dürfen, auch als unverhältnismäßig. Käme es zu dieser Regelung wären die Kabotageunternehmer faktisch vom Sammelgutverkehr zu Endempfängern ausgeschlossen, so dass Vieles dafür spricht, dass eine solche Vorschrift einer Überprüfung durch den EuGH nicht standhalten dürfte.

4. 
Mit § 8c E könnte der deutsche Gesetzgeber von der nach EU-Recht vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, die Anzahl der nicht in Deutschland zugelassenen Mietfahrzeuge aus einem anderen Mitgliedsstaat auf 25 % der gesamten Flotte zu begrenzen.

Dafür dürften auch fiskalische Gründe eine Rolle gespielt haben.

Soweit den Verkehrsunternehmern zur besseren Kontrolle der eingesetzten Fahrzeuge aufgegeben werden soll, selbst deren Daten anders von dem BALM zu betreibende Dateiportal zu übermitteln (Änderung des § 15 Abs. 2 GüKG) führt dies zu einer erheblichen, nicht erforderlichen bürokratischen Mehrbelastung für diese.

5. 
Durch den neuen § 16a E soll das im EU-Recht bestehende Risikoeinstufungssystem auch in unser nationales Recht eingefügt werden.

Zur Vornahme der Risikoeinstufung hat die EU die nachfolgende Monsterformel erarbeitet:

Dabei gilt:

R

allgemeine Risikoeinstufung des Unternehmens

n

Anzahl der Verstöße einer bestimmten Art je Einzelkontrolle (alle Arten von Kontrollen)

i

Einzelkontrolle

v

gewichtete Punktzahl nach Art/Schwere des Verstoßes (MI/SI/VSI/MSI)

MSI

schwerwiegendster Verstoß (most serious infringement)

VSI

sehr schwerwiegender Verstoß (very serious infringement)

SI

schwerwiegender Verstoß (serious infringement)

MI

geringfügiger Verstoß (minor infringement)

N

Anzahl der bei einer Einzelkontrolle kontrollierten Fahrzeuge

r

Gesamtzahl der Kontrollen des Unternehmens

g

Gewichtungsfaktor für die Verwendung des intelligenten Fahrtenschreibers gemäß Kapitel II der Verordnung (EU) Nr. 165/2014

Bei der Risikoeinstufung sind auch die Kontrollen durch die Verwaltungsbehörden zu berücksichtigen, bei denen keine Verstöße festgestellt werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltungsbehörden in der Praxis mit dieser Verpflichtung zu Gunsten der Unternehmer umgehen.

Um eine zu schlechte Risikoeinstufung zu vermeiden, empfiehlt es sich für die Unternehmer, vorsorglich solche Prüfungen ohne Beanstandungen selbst zu dokumentieren und von den Verwaltungsbehörden möglichst eine entsprechende Bestätigung zu verlangen. Das verbessert die Möglichkeiten, sich gegen eine unberechtigte schlechtere Risikoeinstufung, die ein „Mehr“ an Kontrollen zur Folge haben dürfte, zur Wehr zu setzen.

6. 

Weiter bleibt abzuwarten, welche Veränderungen an den Entwürfen im Gesetzgebungsverfahren hoffentlich vorgenommen werden, worüber wir zeitnah informieren werden.

 

Ihr Ansprechpartner:

Jürgen Knorre
Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht